Warum sich AIDC/POS-Hersteller von der Broadline-Distribution fernhalten sollten und was kluge Händler davon haben
Bisher setzen unsere Hersteller auf Spezialdistributoren wie uns.…
Bisher setzen unsere Hersteller auf Spezialdistributoren wie uns. Und ich dachte, sie hätten auch verstanden, warum das sinnvoll ist und für den gesamten Channel Wert generiert. Leider kommen mir nun Zweifel. Durch den Flirt einiger Hersteller mit der IT-Distribution riskiert man nun, das einzureißen, was man vorher mühevoll aufgebaut hat.
Bisher entscheidet der Hersteller, welche Produkte er auf den Markt bringt. Der Händler und der Endverbraucher entscheiden dann, ob das Produkt ein Erfolg wird, oder nicht. Und das hätten die Hersteller gerne weiter so. Leider aber zeichnet sich der Trend ab, dass immer mehr unserer Hersteller darüber nachdenken, ihre Geräte auch über die IT-Distribution zu vertreiben. Und das ist kurzsichtig! Denn dann entscheiden die Controller in der IT-Distribution, ob es ein Produkt überhaupt gibt oder nicht.
Wir leben damit, dass wir knapp 60 Tage Lagerwert mit uns „rumschleppen“. Das ist betriebswirtschaftlich auf den ersten Blick unsinnig. Wir sehen es aber als unsere Aufgabe an, auch „seltene“ Artikel auf Lager zu haben, damit eben unsere Händler kein Lager brauchen. Die 60 Tage sind auch nur ein Durchschnittswert – so liegen Schnelldreher nur 20 Tage, hingegegen so manches Spezialprodukt leider auch mal ein Jahr. In der Großdistribution wird so etwas rigoros aussortiert. Dreht sich zum Beispiel der Barcodescanner A nicht, fliegt er aus dem Programm. Braucht dann doch ein Kunde diesen Scanner A und sieht, dass kein Lagerbestand da ist, dann sucht er sich eben Scanner B aus. Damit ist das Produkt A vom Langsamdreher zum toten Produkt geworden.
Klar bringt die IT-Distribution die Spannen unter Druck. Was tun dann logischerweise die Spezialdistributoren? Klar, wir leben auch nur vom Gewinn, also werden Geräte anderer Hersteller bevorzugt verkauft, reiner Selbstschutz. Damit hat sich dann der Hersteller selbst ein Bein gestellt. Wie er dann merkt, hat ein großer IT-Distributor mit Millionen Produkten und hunderten Herstellern keine Empfehlungsgewalt – er verteilt nur Ware. Damit kann er qua Definition niemals Neugeschäft für den Hersteller aktiv finden.
Was bleibt dem Hersteller dann übrig? Selber einen Vertrieb aufbauen, Business Development Manager engagieren, die dann den Vertriebsjob der Spezialdistribution machen. Da die IT-Distribution in der Regel auch keinen vernünftigen Telefonsupport leistet und keine Produkte selbst reparieren will, braucht der Hersteller dann also auch noch ein Support-Callcenter und einen Repair-Service.
Da man sich dagegen wehren will, dass langsam drehende Produkte gar nicht mehr verkauft werden, weil die Lieferzeiten so lang sind, muss man als Produzent plötzlich wieder regionale Lager aufbauen, um die Distribution schneller zu versorgen, weil die ja nur die Schnelldreher lagert. Dann wird auch der Hersteller begreifen: Mist, dann brauche ich eigentlich gar keinen Distributor, weil man Pakete eigentlich ja auch noch selbst verschicken kann. Die IT-Distribution hat aber dann so einen großen Umsatzanteil (weil die Spezialisten ja das Interesse verloren haben), dass sich kein Hersteller mehr traut, das Band zu zerschneiden. Denn dabei geht es nicht mehr um Sinn, sondern um den Bonus des Vertriebschef des Herstellers. Selbst wenn es sinnvoll ist, darf nicht riskiert werden, dass eventuell durch so eine Entscheidung Umsätze mal um einen Monat verschoben werden, denn dann fehlt ja der Bonus bei der Gehaltsabrechnung.
Das ganze mag etwas plakativ sein. Im Detail betrachtet gibt es noch viel mehr Punkte, warum die Hersteller vorsichtig sein sollten. Unter anderem verkaufen unsere Händler diese Spezialprodukte gerade deshalb, weil hier noch eine höhere Marge zu verdienen ist als an einer Festplatte. Und daher hat der Händler ja auch kein Interesse daran, dass unsere Produkte zu „Commodity“ werden und plötzlich dank XML-Feeds bei Billigshopping-Webseiten auftauchen. Die wissen das teilweise zwar gar nicht, verkaufen auch mangels Beratung nichts, aber machen trotzdem den Preis kaputt. Daraus folgt das, was am Ende wirklich schlimm für die Hersteller ist: Viele kluge Händler stellen ihre Lösungen sofort auf andere Produkte um, sobald eine Marke bei einem Broadliner auftaucht. Es ist sonst für den Endanwender viel zu einfach, Preise zu vergleichen, und es wird ein Gerät ausgesucht, das es eben nicht „an jeder Ecke“ gibt. Ergo: Bitte mal langfristig denken, so wie wir Unternehmer es tun, und nicht immer nur von Quartal zu Quartal.